Interview mit PCK/Schwedt
Digitalisierung ist und bleibt eine Herausforderung. – Das gilt für kleine und mittelständische Unternehmen ebenso wie für große Konzerne. Mit der PCK Raffinerie in Schwedt hat Industrial Analytics einen Kooperationspartner gewonnen, der digitale Innovation auf einem Firmengelände mit drei mal vier Kilometern Ausdehnung vorantreiben will. Frank Stargardt, Abschnittsleiter für Kontraktorenbetreuung und Dienste, sowie Verfahrenstechnikerin Jana Voss berichten, wie das Unternehmen diese Mammut-Aufgabe meistert und welchen Beitrag Industrial Analytics dabei leistet.
Herr Stargardt, wie sind Sie als Initiator der Kooperation mit Industrial Analytics auf das Berliner Startup aufmerksam geworden?
Frank Stargardt: Ich bin im Thema technische Diagnostik ziemlich gut vernetzt, was Deutschland und Europa angeht. Industrial Analytics wurde uns von einer der Firmen empfohlen, mit denen wir bereits länger in Kontakt stehen. Nach den ersten Gesprächen habe ich schnell gemerkt, dass das System von Industrial Analytics nicht nur für die Überwachung unserer Pumpen und Verdichter, sondern auch für die Verfahrenstechnik viele nützliche Impulse liefern kann.
Welchen Mehrwert liefert Ihnen beiden die Unterstützung von Industrial Analytics beim Monitoring Ihrer Prozesse und Geräte?
Jana Voss: Als Verfahrenstechnikerin überprüfe ich, ob die Anlage richtig läuft und versuche, Prozesse zu optimieren. Bei der Energie-Erzeugung benutzen wir unter anderem einen schwefelhaltigen Brennstoff. Um Emissionsgrenzen einzuhalten, müssen wir das Rauchgas wieder entschwefeln. In der entsprechenden Regenerationsanlage kommen große Verdichter zum Einsatz, deren Funktionsweise wir mithilfe von Industrial Analytics jetzt am Computer simulieren können.
Frank Stargardt: Mein Fokus liegt auf der Instandhaltung und der frühzeitigen Erkennung von Unregelmäßigkeiten. Virtuelles Monitoring spielt eine entscheidende Rolle bei der Überwachung unserer Maschinenstränge. Schließlich kommt es doch ab und zu vor, dass die Maschinen machen, was sie wollen – aber nicht was sie sollen! Wenn ich in der virtuellen Simulation bestimmte Zustände testen kann, statt in den realen Prozess eingreifen zu müssen, kann uns das viel Ärger ersparen.
Wie muss man sich das genauer vorstellen?
Frank Stargardt: Wenn ich die Maschine virtuell so abgebildet habe, dass ich ganz gezielt einzelne Parameter verändern kann – z.B. Saugdrücke, Enddrücke oder Temperaturen – finde ich leichter und schneller heraus, wodurch bestimmte Störzustände verursacht werden. Dank Industrial Analytics haben wir die Chance, noch detailliertere Diagnosen zu treffen, als es vorher mit unserem eigenen Monitoring-System möglich war. Mithilfe des Fraunhofer-Instituts möchten wir die Daten aus einem der überwachten Kompressoren zukünftig bildlich in 3D darstellen, um weitere Kenntnisse zu gewinnen.
Jana Voss: Die Prozess-Simulation hilft uns, zu vermeiden, dass unsere Verdichter Schaden nehmen. Das kann z.B. durch Flüssigkeitseintrag passieren, wenn die Maschinen unter starker Beanspruchung stehen. Durch die Zusammenarbeit mit Industrial Analytics konnten wir für unsere Arbeit bereits interessante Kenntnisse gewinnen und Prozesse optimieren.
Wie funktioniert Digitalisierung generell bei PCK?
Frank Stargardt: Wir haben 80 Unternehmen auf unserem Gelände, die PCK unterstützen. Bei einem Musterprojekt wurde deutlich, wie viele Schnittstellen es firmenübergreifend gibt. Um diese so zu bedienen, dass alle optimal arbeiten können, ist unser Arbeitskreis Digitalisierung mit über 20 Leuten aus verschiedenen Firmen und Abteilungen entstanden. Wir versuchen, Digitalisierung ganzheitlich zu betrachten und voranzubringen.
Viele Unternehmen haben inzwischen eigene Innovationsabteilungen eingeführt. Was halten Sie davon?
Frank Stargardt: Ich bin der Meinung, dass echte Innovation aus der Arbeitspraxis heraus entstehen muss – bei Menschen, die vor den konkreten Problemstellungen stehen. Insofern halte ich nichts von Innovationsabteilungen, die sich etwas aus den Fingern saugen. Allerdings bräuchte ich zu meiner Rechten einen Digitalisierungsbeauftragten, der das Thema in der Zeit, wenn ich nicht dazu komme, weitertreibt, die Leute an einen Tisch bringt und den Finger in die Wunde legt. Das heißt, wir erkennen die Probleme, sehen auch Lösungsansätze, aber die muss eben auch jemand, der dafür Zeit hat, verfolgen können.
Warum holen Sie sich bewusst Unterstützung von Startups wie Industrial Analytics?
Jana Voss: Uns ging es vor allem darum, dass das Team von Industrial Analytics neue Denkweisen und Blickwinkel einbringt. Ich finde, das ist auch gerade die Stärke junger Startups.
Frank Stargardt: Durch die allgemeine Aufgabenverdichtung in der Industrie ist es wichtig, alle Daten zu nutzen, die Maschinen uns geben, um negative Zustände zu vermeiden. Ich schätze es sehr, dass das Team von Industrial Analytics dabei kreativ um die Ecke denkt.
Und was erhoffen Sie sich in Zukunft aus der Kooperation?
Jana Voss: Wir sind schon gespannt darauf, dass die Simulation weiter ausgebaut wird. Zudem haben wir überlegt, dass die Software auch für Lehrgänge interessant sein könnte. Schließlich hilft sie Neulingen ebenso wie erfahrenen Mitarbeitern, unser System besser zu verstehen. Ob ich etwas auf Papier nachlese oder in einer Simulation selbst austesten kann, macht einen großen Unterschied.
Frank Stargardt: Ich befürworte, dass man Startups wie Industrial Analytics bei der Digitalisierung einbezieht. Mir ist es aber auch wichtig, dass man sie eng an uns bindet, denn die Effekte stellen sich vor allem in langjähriger Zusammenarbeit ein. Die Firmen gehören hier aufs Gelände. Wir müssen unsere Partner – und diese uns – besser kennenlernen. Allein das ist in einem Werk mit drei mal vier Kilometern Ausdehnung schon allein eine Aufgabe. Die Experten müssen in unseren Abteilungen mit Gesicht bekannt und in ihrer Kompetenz anerkannt sein, als jemand der immer verfügbar ist und einen Mehrwert bringt. Ein Treiber in puncto Digitalisierung gehört für mich ins Werk.